Der Einsatzhafen im Zeitraum 1944 - 1945


...wieder etwas Militärgeschichte vorweg. Mit dem Kriegseintritt der USA, am 8. Dezember 1941 änderte sich die Gesamtlage zu Gunsten der alliierten Streitkräfte in Europa. Zunächst waren die Änderung kaum zu bemerken, da Amerika erst seine Produktion auf Kriegsrüstung umstellen musste. Doch Schritt für Schritt kam nun immer mehr Kriegsmaterial nach England. Bereits im Juli 1942 erfolgten erste Bombereinsätze gegen Ziele in Europa. Am 27. Januar 1943 wurde von England aus, der erste Einsatz gegen ein Ziel im Reichsgebiet geflogen: Wilhelmshaven.

Januar 1943, auf der Konferenz von Casablanca, wurde das militärische Vorgehen gegen das nationalsozialistische Deutschland beschlossen. Beteiligt waren der US Präsidenten Franklin D. Roosevelt und der britischen Premierminister Winston Churchill sowie Mitglieder der Combined Chiefs of Staff. Zwar war auch die sowjetische Seite zu Konferenz geladen, doch Josef Stalin konnte dieser Einladung nicht folgen. Der Grund dafür waren die anhaltenden Kämpfe vor Stalingrad. Einer der wichtigsten Punkte der Konferenz war das zukünftige Vorgehen sowie die Strategie des gemeinsamen Bombenangriff. England verfolgte seit dem Jahr 1942 die sogenannte "Flächenbombardierung" und forderte die USA auf, sich auch weiterhin an dieser Aufgabe zu beteiligen. Doch die USA stellte sich gegen diesen Plan. Die bisher geführten Bombenangriffe gegen deutsche Städte im Reichsgebiet deckten sich nicht mit den vorhergesagten Erfolgen. Die deutsche Bevölkerung war zu diesem Zeitpunkt in ihren Durchhaltewillen nicht eingebrochen. Zwar fürchteten Sie die alliierten Angriffe am Tag wie auch in der Nacht, doch der Glaube an den Führer und das nationale Deutschland war weiterhin vorhanden.

Luftwaffensoldaten beim Entladen eines LKW vor dem Kommandanturgebäude in Merzhausen.

Vermutlich wurde das Bild im Jahr 1944 aufgenommen. Quelle: Archiv Autor

Das Oberkommando der USAAF hatte langfristig andere Ziele. In erster Linie sollten militärische und wirtschaftliche Ziele angegriffen und zerstört werden. Die beiden Staaten konnten sich nach langen Debatten in Casablanca auf einen gemeinsamen Nenner einigen und so wurde der Grundstein zur "Combined Bomber Offensive" gelegt, die später den Beinamen "around the clock bombing" zu Deutsch "Bombenangriffe zu jeder Uhrzeit" bekam. So wurde im Januar 1944, die die Angriffsaktivitäten der 8th USAAF auf wirtschaftliche und militärische Ziele im Reichsgebiet weiter verstärkt. Bis zum Februar 1944, der sogenannten "Big Week". Der offizielle Name der Operation lautete "Argument". Ausgerichtet um Schlüsselziele der deutschen Wirtschaft und Rüstungsindustrie zu bekämpfen und deren Produktion zum Erliegen zu bringen. Das Hauptziel war die dauerhafte Zerschlagung der gesamten deutschen Flugzeugproduktion! Die Angriffe starteten in der Nacht vom 19. auf den 20. Februar 1944. Nach dieser Woche hatten die 8th USAAF 3300 Kampfeinsätze geflogen. Sie verloren dabei 226 Bomber und 28 Jagdflugzeuge mit etwa 2600 Mann Besatzung. Dem steht gegenüber ein Verlust von 225 deutschen Piloten durch Fliegertod und weiteren 141 Piloten durch Verwundung. Insgesamt gingen 258 deutsche Jagdflugzeuge bei der Operation "Argument" verloren. Die deutsche Flugzeugproduktion konnte nicht zerschlagen werden. Sie wurde lediglich um etwa zwei Monate nach hinten geworfen. Die "Big Week" führte aber dazu, dass die Flugzeugproduktion nun noch schneller dezentralisiert und diese teilweise in unterirdische Produktionsstätten ausgelagert wurde.

... Die ersten Luftwaffeneinheiten kommen nach Merzhausen zurück

Im Gegenzug erkannte die Luftwaffenführung die Wichtigkeit der Reichsverteidigung und zog nun immer mehr Gruppen und Geschwader aus dem Frontkampf ab und brachte Sie in der Reichsverteidigung unter. Ziel war es, ein wirksamer Schutzschirm gegen die angreifenden Bomber und Begleitjäger der USAAF zu schaffen. Auch das Jagdgeschwader 27 das bereits eine ganze Zeit gegen die einfliegenden alliierten Flugzeuge kämpfte, war davon betroffen. Das Geschwader an sich war mit seinen Gruppen weit auseinandergezogen. Die I. Gruppe lag seit Januar 1944 auf den Einsatzhafen Fels am Wagram. Zur gleichen Zeit lag die II. Gruppe auf dem Fliegerhorst in Wiesbaden-Erbenheim. Die III. Gruppe kämpfte von Megara (Griechenland) aus und die IV. Gruppe von Skopje (Jugoslawien). Am 11. Mai 1944 bekam die II. Gruppe den Verlegungsbefehl, mit allen Teilen am folgenden Tag auf den Einsatzhafen nach Merzhausen im Taunus zu verlegen. Am 12. Mai 1944 kam es wieder zu einem Großkampftag der Luftwaffe gegen die USAAF. Der fliegende Teil der II. Gruppe starteten am frühen Mittag, von Wiesbaden-Erbenheim gegen die einfliegenden alliierten Streitkräfte und stellten sich Ihnen im hessischen Luftraum zum Kampf. Was an diesen Tag passierte und warum er geschichtlich so bedeutsam war, können Sie unter dem Menüpunkt 12.05.1944 genau nachlesen.

Eine Messerschmitt Bf109 der II./JG27 auf den Einsatzhafen Merzhausen abgestellt am Waldrand. Auf der Motorabdeckung ist
das Wappen der II. Gruppe zu erkennen. B
ei dem zweiten Flugzeug handelt es sich um eine Arado Ar 96. Diese Flugzeuge

wurden häufig zur Einweisung oder als Kurier- bzw. Stabsflugzeuge verwendet. Das Bild wurde im Mai 1944 aufgenommen.
Quelle: Messerschmitt Bf109 im Einsatz bei der II./ Jagdgeschwader 27 - Struve Verlag - ISBN-Nr.: 3923457421

Nachdem am 20. Mai 1944 die II. Gruppe des Jagdeschwader 27 weiter nach Unterschlauersbach verlegt hatte, wurde es etwas ruhiger in Merzhausen. Doch bereits am 07. Juni 1944 verlegte die II. Gruppe des Jagdgeschwader 300 auf den Einsatzhafen und flog von dort aus Einsätze im Rahmen der Reichsverteidigung. Zuvor lag die Gruppe in Dortmund. Die eingesetzten Flugzeugmuster der Gruppe war Focke-Wulf Fw190. Dabei wurden ganz unterschiedliche Varianten der Bauserie A geflogen. Unter anderen die Versionen A-4, A-5, A-6, A-7 und A-8. Doch die Gruppe blieb nur ein paar Tage in Merzhausen. Sie verlegten am 12. Juni 1944 nach Frankfurt am Main und am 15. Juni 1944 weiter auf den Einsatzhafen Unterschlauersbach, wo zuvor die II. Gruppe des Jagdgeschwader 27 lag.

Am 12. Juni 1944 kam als Nachfolger die I. Gruppe des Jagdgeschwader 300 nach Merzhausen und blieb bis zum 15. Juni 1944. Zuvor waren sie ein paar Tage auf dem Fliegerhorst in Wiesbaden-Erbenheim. Die Gruppe setzte Jagdflugzeuge vom Typ Messerschmitt Bf109 G-5 und G-6 ein. Es handelte sich dabei um die gleichen Jagdflugzeuge wie sie auch in der Tagdjagd zum Einsatz kamen. Bis auf geringe Änderungen, zum Beispiel im Anstrich (Unterseite abgedunkelt) und an der Auspuffanlage (Flammenvernichter) waren diese Flugzeuge identisch. Das Besondere an dem Jagdgeschwader, das Juni 1943 aufgestellt wurde, war das Nachjagdverfahren. Entwickelt wurde diese Idee von Hans-Joachim "Hajo" Herrmann, einen ehemaligen Bomberpiloten. Durch Ausnutzung der Lichtkegel eigener Flakscheinwerfer sowie auch dem hellen leuchten der brennenden Städte, aber ohne die Nutzung sonstiger Hilfsmittel suchten die Piloten im Nachthimmel nach den Schatten alliierter Bomber und griffen diese an. Dieses Verfahren wurde als "Wilde Sau" bezeichnet. Mehr Informationen zum Jagdgeschwader 300 finden sie >>hier<< auf dieser Webseite. Im Gegensatz dazu stand das "Zahme Sau" Verfahren, wo speziell ausgebildete Piloten in speziellen Flugzeugen und jeder Menge technischen bzw. elektronischen Hilfsmittel zur gezielten bzw. geleiteten Jagd gegen die alliierten Bomber starteten.

... Der Einsatz von KZ-Häftlingen zum Ausbau der Start- und Landebahn

Ein großes Problem in Merzhausen war die Start- und Landebahn, die für die aktuellen Verhältnisse 1944 zu kurz war. Die im Jahr 1938 geforderten 1000 m x 1000 m reichten nun nicht mehr aus, um neu entwickelte Flugzeugmuster mit voller Beladung an Waffen, Munition und Flugbenzin starten oder landen zu lassen. Um den Einsatzhafen wieder voll einsatzklar zu bekommen, musste der Start- und Landebereich in Richtung Westen verlängert werden. Da aber die meisten Männer im Krieg kämpften, gab es nun personelle Probleme, dieses Vorhaben umzusetzen. Also wurde, wie bei vielen derartigen Bauvorhaben auf KZ-Häftlinge oder Zwangsarbeiter zurückgegriffen, die in Konzentrationslagern der SS inhaftiert waren. So begann auf dem Einsatzhafen Merzhausen das dunkelste Kapitel seiner Einsatzgeschichte.

Ausschnitt aus einen Luftbild der 8th USAAF, aufgenommen am 08. Oktober 1944
Gebäude und Flak-Stellungen des Einsatzhafen Merzhausen im nordöstlichen Bereich.
Quelle: Luftbilddatenbank Dr. Carls GmbH

01. Baracke der KZ-Häftlinge

02. Wachgebäude des Einsatzhafen
03. Flak-Stellungen (immer drei Stellungen bildeten eine Einheit)

04. Unterkunft Baracken der Flak-Soldaten bzw. der Flak-Helfer

Alle KZ-Häftlinge die zum Ausbau des Einsatzhafen benötigt wurden, kamen aus dem SS-Sonderlager Hinzert, das sich bei Trier im Hunsrück befand. Insgesamt waren es 30 Luxemburgische Häftlinge. Diese standen im Verdacht dem Wiederstand anzugehören oder hatten sich politisch gegen das Nationalsozialistische Deutschland geäußert. Die Arbeiten wurden im Zeitraum vom 14. Juni bis zum 18. August 1944 durchgeführt. Die Bedingungen waren sehr schlecht. Die Werkzeuge für diese schweren Arbeiten waren primitiv. Schaufel, Spitzhacke und Schubkarre standen dafür zur Verfügung. Doch im Gegensatz zum Lager Hinzert, wurden Sie hier in Merzhausen teilweise von älteren Luftwaffensoldaten bewacht, die für ein wenig Arbeitserleichterung sorgten. Nach dem Ende der Ausbauarbeiten wurden die meisten Häftlinge zurück in das SS-Sonderlager gebracht. Nur wenige überlebten diese Zeit!

... Der Einsatzhafen Merzhausen und das Jagdgeschwader 2 "Richthofen"

Nach dem Ausbau der Start- und Landebahn war der Platz nun wieder voll Einsatzfähig. Doch es dauerte  noch einige Zeit bis die nächste Luftwaffeneinheit den Platz belegte. Am 4. September verlegte das gesamte Jagdgeschwader 2  "Richthofen" von Wiesbaden Erbenheim auf Plätze rund um das Rhein/Main Gebiet. So kam der Geschwaders Stab unter der Führung von Oberstleutnant Kurt Bühling sowie die I. Gruppe des Jagdgeschwader 2 "Richthofen", die von Hauptmann Franz Hrdlicka geführt wurde, nach Merzhausen und richtete sich dort so gut wie möglich ein. Am 25. September verlegte der Geschwader Stab zusammen mit der II. Gruppe die vorher in Frankfurt Eschborn lag, auf den Einsatzhafen in Nidda. Somit war jetzt die I. Gruppe allein mit ihren 4. Staffeln in Merzhausen. Es folgten nun wieder die Abwehreinsätze im Rahmen der Reichsverteidigung gegen die immer stärker werdenden Angriffe der alliierten Streitkräfte.

Focke Wulf Fw 190 der I./JG 2 "Richthofen" bereitet sich zum Start vor. Aufgenommen im Oktober 1944. Diese Aufnahme wurde von einen Beobachtungsturm gemacht. Die Gebäude des Einsatzhafen befinden auf der rechten Seite (nicht sichtbar). Merzhausen würde bei einen größeren Bildausschnitt oben links zu sehen sein. Die Flugzeuge rollen gerade in ihre Startaufstellung. Die Startrichtung ist hier Richtung Westen. Quelle: Horst Jeckel

...Der nächste Absatz wird in Kürze folgen. Ich arbeite daran.